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Philosophische Grundlagen-
Die Antike
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In der griechisch-römischen
Naturphilosophie wird anfangs kein Sammelbegriff für die Sinne verwendet,
sie werden einzeln und in Zusammenhang mit dem betreffenden Organ
genannt.
In einem Werk des Vorsokratikers Pythagoras von Samos (um 570-500
v.Chr.), der ein berühmter Philosoph und Mathematiker seiner Zeit
war, findet man den Beginn einer Sinnesphilosophie. So verknüpft er
je ein Element mit einem Sinn, wie etwa das Auge mit dem Feuer, das
Ohr mit der Luft und erklärt damit ihre Funktionsweise.
Um auf die Begrifflichkeit zurückzukommen, muß Empedokles (ca. 482-420
v.Chr.), ein griechischer Naturphilosoph, erwähnt werden, der als
allgemeinen Begriff pagamai verwendet, was im Griechischen "Handfläche"
oder "Greifer" bedeutet. Dahinter lässt sich ein Verständnis der Sinne
erkennen, die "[...] ihre Objekte wie mit Händen (be)greifen". Die
Sinnestätigkeit beschreibt er mit "[...] athrein, was ursprünglich
"auf etwas starren" bedeutet und [...] auf die Intensität hinweist,
mit der die Sinne ihre Objekte erfassen." Dabei ist auffällig, das
beide allgemeinen verwendeten Begriffe eigentlich auf den Seh- und
Tastsinn zurückzuführen sind.
Eine vollständige Aufzählung der Sinne findet man erstmals bei Demokrit
(460-370 v.Chr.), dem Begründer der atomischen Schule in der griechischen
Philosophie. Auch unterscheidet er als erster zwischen sinnlicher
Wahrnehmung und einem Erkenntnisorgan. Der Agnostiker spricht den
Sinnen zwar die Fähigkeit der Erkenntnis zu, betont aber, dass "[...]
die Seele bzw. der Verstand (nous) die von den Sinnen übermittelten
Eindrücke klären und gegebenenfalls korrigieren müsse, um so die Erkenntnis
von der feineren, d.h. atomischen Struktur der äußeren Welt zu gewinnen."
Platon (427-347 v.Chr.) sieht die Sinne als Organe der Seele, was
dauerhaft in der abendländischen Sinnesphysiologie übernommen wird.
Er trennt den Sinnesvorgang deutlich vom Denkvorgang. Im Gegensatz
zu Aristoteles verarbeitet bei ihm der Verstand bzw. die Seele die
Sinneseindrücke und nicht der übergeordnete sensus communis. In seinem
Werk Timaios werden die Sinne einzeln abgehandelt, beginnend mit dem
Geschmack, gefolgt von Geruch, Gehör und Gesicht. Dem Tastsinn ist
bei ihm kein spezifisches Organ zugeordnet. In seiner Abhandlung über
den Geruch unterscheidet er nur zwischen angenehm und unangenehm:
"[...]denn alles dem Geruch Bezügliche ist zwitterhaft, und keine
Form der Körper hat die richtige Abmessung dafür, einen Geruch zu
erhalten [...]" (Timaios, 66d) . Nur der Gesichtssinn hat göttlichen
Status, so ist der zentrale Begriff seiner Philosophie "Idee", im
griechischen eidos, vom Begriff für "sehen" abgeleitet.
Aristoteles (384-322 v.Chr.) schließlich erweitert die Erkenntnistheorie
der Vorsokratiker ebenso wie die Sinnesphysiologie seiner Vorgänger
dahin wie sie bis über das Mittelalter hinaus bestehen bleibt und
sogar auf die jüdische und arabische Naturphilosophie Einfluss nimmt.
Über Platon hinausgehend spricht er den Sinnen auch psychische Funktionen
zu: "Wahrnehmung und Wahrnehmungsorgan fallen zusammen, doch das Sein
ist verschieden, denn das Wahrnehmende dürfte ausgedehnt sein, das
eigentliche Sein des Wahrnehmungsfähigen und die Wahrnehmung ist nicht
ausgedehnt, sondern irgendwie Form und Kraft des Wahrnehmenden." (Über
die Seele, 424a, 25ff.) . Voraussetzung für die Wahrnehmung sind also
bestimmte physische und psychische Funktionen. Der Gegenstand der
Wahrnehmung aistheton ist für ihn von besonderer Wichtigkeit; die
Fähigkeit aisthesis befindet sich in den Sinnesorganen aistheteria.
Seine Sinneslehre ist insofern neu, als dass er die "[...] sinnliche
Erkenntnis von anderen Vorgängen, die sich in der Psyche abspielen,
scharf trennt und die Wahrnehmung nicht auf den direkten Kontakt zwischen
Objekt und Sinnesorgan zurückführt, sondern ein `Medium` als Vermittler
annimmt." So schreibt er über den Geruch, dass von ihm "[...] das
Medium erregt [wird und] von diesem das jeweilige Sinneswerkzeug."
(Über die Seele, 419a, 25ff.) Aristoteles legt die Fünfzahl der Sinne
und ihre Reihenfolge mit dem Gesicht als ersten, dann Gehör, Geruch
und Geschmack und als letztes den Tastsinn fest. Auch fasst er als
erster den Tastsinn als einheitlich auf. Jedem Sinnesorgan ist ein
bestimmtes Objekt der Wahrnehmung zugeordnet und darüber hinaus existiert
ein Gemeinsinn, sensus communis. Allen Sinnen gemein sind die Wahrnehmungskategorien
Bewegung, Stillstand, Zahl und Größe. Gerüche kategorisiert er in
süß, scharf, herb, stechend und ölig, die über das Medium Luft oder
Wasser übertragen werden. In den poroi, den kanlalartigen Leitungsbahnen
zwischen Nase und Gehirn mischen sich dann die von der Nase eingeatmete
Luft und das vom Herzen über Gehirngefäße eingeströmte Pneuma. Somit
befindet sich das Riechorgan im Gehirn.
Der von Aristoteles verwendete Begriff des Pneumas wird von den Stoikern
näher erläutert. So hat jeder der fünf Sinne ein ihm eigenes Pneuma,
welches sie unter anderem mit den fünf Elementen in Verbindung bringen.
Das Pneuma des Geruchs befindet sich ihrer Auffassung nach in der
Nase und wird als feucht und dampfartig beschrieben. Nach Meinung
der Stoiker sind die Sinne nicht afferent, wie etwa bei Empedokles,
sondern efferent. Dabei ist der Ausgangspunkt der Wahrnehmung das
leitende Zentralorgan, zwischen dem und dem jeweiligen Sinn die Pneumaströme
hin- und herfließen. Diese Theorie fand ihre Unterstützung in der
Entdeckung der Nerven durch den alexandrinischen Arzt Herophilos (um
300 v.Chr.), denen die Weiterleitung des Pneumas zugeschrieben wurde.
Der aus Pergamon stammende Arzt Galen (129-199) lebte in Rom. Neben
Hippokrates war er der wichtigste Vertreter der antiken Medizin. Er
revidiert endgültig die Meinung Aristoteles´, dass das zentrale Wahrnehmungsorgan
hegemonikon seinen Sitz im Herz hat. Vielmehr spielt sich die Wahrnehmung
in den Hirnventrikeln ab. Außerdem hat der Mensch seiner Auffassung
nach sieben Hirnnerven, wobei das "[...] erste Paar der vom Hirn entspringenden
Nerven [...] zu den beiden Nasenhöhlen [geht] und sein Platz läuft
im Mittelplatz des Schädels einher." . Den Geruchsinn betreffend schreibt
Galen, dass man "[...] nur Stoffe riechen [kann], von denen eine Art
Dampf aufsteigt, da lediglich die feinen Teile des Riechbaren in die
Gehirnventrikel gelangen. Und da Dampf bekanntlich mit Wärme verbunden
ist, hat bei ihm alles Riechbare eine warme Qualität." .
Der Begründer des Neuplatonismus, Plotinos (ca. 203-270), legt auf
die Einheit der Sinne Wert und lehnt das Peripherie-Zentrum-Modell
ab. So entsteht die Sinnesübertragung in seiner Theorie durch eine
Art "Fernkontakt", ein Medium wird dazu nicht gebraucht, wodurch Plotinos
über beispielsweise die Sehstrahl-Theorie Platons hinausgeht. Seine
materialistische Sicht zeigt sich vor allem darin, dass er der Meinung
ist, man erfasse die Welt direkt mit seinen Sinnesorganen anstatt
über Bilder.
Bischof Nemesius von Emesa (4.Jh.) verfasst eine Schrift über die
Natur des Menschen, peri physeos anthropu, in der die "Schnittstelle
von heidnisch-antiker und christlich-spätantiker bzw. mittelalterlicher
Wahrnehmungstheorie" deutlich wird: er sieht den Mensch als Zusammenspiel
einer vernünftigen Seele und des Leibes. In seiner physiologischen
Auffassung hält er sich an Galen: "Sinnesorgane [aistheteria] gibt
es fünf, Wahrnehmung [aisthetesis] nur eine: nämlich die psychische,
die durch die Sinnesorgane die ihnen entstehenden Affektionen erkennt."
Verbindungen von stoischen und neuplatonischen Elementen findet man
bei dem Kirchenvater Augustinus (354-430). Seiner Auffassung nach
tritt die Sinnestätigkeit als eine Art Erfahrung von außen über die
Sinne an den Verstand heran. Er gibt drei Voraussetzungen zur Wahrnehmung
in seinem Werk De Trinitate an: das Objekt der Wahrnehmung, den kognitiven
Akt der Wahrnehmung selbst und die "Aufmerksamkeit des Geistes" (Buch
XI, Kap. 2) . Er folgt der Lehre des Aristoteles vom sensus communis,
fügt dem aber noch einen inneren sensus intereor hinzu, der Integrations-
und Übermittlungsfunktionen hat. Seiner Meinung nach erlangt der Geist
Kenntnis von den körperlichen Dingen über die Sinne: "Die mit dem
Körper verbundene Seele empfindet durch ein körperliches Hilfsmittel,
und eben dieses Mittel heißt Sinnesorgan." (De Trinitate, IX,2,2)
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